"Melodische Zauberformeln"

In Zusammenarbeit mit Panagiotis Linakis

Nachdem du nun die wichtigsten rhythmischen Zauberformeln kennst und geübt hast, kommen jetzt die „Zaubersprüche für Fortgeschrittene“! 

 

Sie zaubern nicht nur Rhythmus auf einen Ton - sie zaubern auch andere Tonhöhen dazu.

Diese zusätzlichen Töne haben die Aufgabe, die Töne der Vorlage noch schöner miteinander zu verbinden, sie zu verzieren und der Melodie mehr Schwung und Anmut zu verleihen.

 

Wir nennen diese Formeln „Melodische Zauberformeln“. 

 

Als Vorlage zum Üben werden wir auch bei den melodischen Zaubersprüchen wieder die abwärtsgerichtete Tonleiter in C-Dur nehmen:

Vorlage zum Üben: Tonleiter C-Dur abwärts im 2/4-Takt

Melodische Zauberformeln mit zwei Tönen

Anticipatio

Der „Anticipatio“-Zauber macht aus einem Ton zwei und der zweite, hingezauberte Ton (*) nimmt die Höhe vom nächsten Ton der Vorlage an (C) - in diesem Fall einen Tonschritt tiefer. Der Zauber funktioniert natürlich auch bei anderen Tonabständen zwischen den Gerüstnoten und auch aufwärts.

Wichtig ist, wie schon der Name uns verrät („Anticipatio“ ist Latein und heisst „Vorwegnahme“), dass die nächste Gerüstnote durch den Zauber „vorweggenommen wird“.

Für den „Anticipatio“-Zauber kannst du alle Rhythmusformeln mit zwei Noten verwenden, wir nehmen aufgrund seiner Einfachheit als Beispiel den „Multiplicatio“-Zauber (die halbe Note wird in zwei Viertel geteilt). 

Wende diese Zauberformel nun, um sie dir gut einzuprägen, auf unsere Übungsvorlage, die C-Dur-Tonleiter an:

Betone beim Spielen die erste Note, damit die Vorlage (Tonleiter) deutlich hörbar bleibt und der Zuhörer merkt, dass die zweite Note nur Verzierung ist.

 

Spiele und singe:

„C-H, H-A, A-G, G-F, F-E, E-D, D-C, C“

oder

„ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, taja“!

 

Übung: Ergänze die fehlenden Töne!

Superjectio

Superjectio“ ist Latein und bedeutet „Überwurf“.

 

Der „Superjectio“-Zauber macht auch aus einem Ton zwei.

Der zweite, hingezauberte Ton (*) ist in diesem Fall höher als der nächste Vorlagen-Ton, er wird sozusagen über diesen „drübergeworfen“. 

Der Zauber funktioniert mit verschiedenen Tonabständen (andere Abstände zwischen den Gerüstnoten und andere Abstände zwischen „Superjectio“-Note und Gerüstnote).

 

Hier kommen vier Beispiele (zwei abwärts und zwei aufwärts):

Es gibt natürlich noch viel mehr Möglichkeiten. Im Prinzip könnte man jeden Ton nehmen - wichtig ist nur, dass die gekennzeichnete (*) Note höher ist als die darauf folgende.

Die Beispiele 1 und 3 kommen allerdings am häufigsten in der Musik-Literatur vor!

 

Wende diese Zauberformel nun auf unsere Übungsvorlage,

die C-Dur-Tonleiter an (Beispiel 1):

Spiele und singe:

„C-D, H-C, A-H, G-A, F-G, E-F, D-E, C“

oder

„ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, taja“!

 

Wende den „Superjectio“-Zauber auch nach Vorbild des zweiten Beispiels an und probiere verschiedene Rhythmen aus (Jambus und Trochäus)!

 

Übung: Ergänze die fehlenden Töne!

Subsumtio

Der „Subsumtio“-Zauber macht ebenfalls aus einem Ton zwei.

 

Der zweite, hingezauberte Ton (*) ist in diesem Fall tiefer als der nächste Vorlagen-Ton, er wird sozusagen unter diesen „druntergeworfen“ (das Gegenteil vom „Superjectio“-Zauber).

Dieser Zauber funktioniert auch mit verschiedenen Tonabständen (andere Abstände zwischen den Gerüstnoten und andere Abstände zwischen „Subsumptio"-Note und Gerüstnote).

 

Hier kommen vier Beispiele (zwei abwärts und zwei aufwärts):

Es gibt natürlich auch hier noch viel mehr Möglichkeiten. Im Prinzip könnte man jeden Ton nehmen - wichtig ist nur, dass die gekennzeichnete (*) Note tiefer ist als die darauf folgende.

 

Die Beispiele 1 und 3 kommen am häufigsten in der Musik-Literatur vor!

 

Wende diese Zauberformel nun auf unsere Übungsvorlage, die C-Dur-Tonleiter an (Beispiel 1):

Spiele und singe:

„C-A, H-G, A-F, G-E, F-D, E-C, D-H, C“

oder

„ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, ta-ta, taja“!

 

Wende den „Subsumtio“-Zauber auch nach Vorbild des zweiten Beispiels an und probiere auch hier verschiedene Rhythmen aus („Jambus“ und „Trochäus“)!

 

Übung: Ergänze die fehlenden Töne!

Melodische Zauberformeln mit drei Tönen

Wechselnote (auf- und abwärts)

Beim „Wechselnoten“-Zauber wird ein Ton in drei Töne gezaubert.
 Der Ton geht dabei entweder einen Schritt rauf und zurück oder einen Schritt runter und zurück.
 Die mittlere (neue) Note (*) nennt man dabei die „Wechselnote“.

Da bei diesem Zauber drei Noten entstehen, kann man hier alle Rhythmusformeln mit drei Noten anwenden. 

 

Hier kommen einige Beispiele:

Wende diese Zauberformel nun auf unsere Übungsvorlage, die C-Dur-Tonleiter an (Beispiel 1):

Spiele und singe:

„hin und her, hin und her, hin und her, hin und her, hin und her, hin und her, hin und her, hin“ 

oder

„titi-ta, titi-ta, titi-ta, titi-ta, titi-ta, titi-ta, titi-ta, taja“!

 

Übung: Ergänze die fehlenden Töne!

Transitus

Transitus“ ist Latein und heisst „Durchgang“.

 

Der „Transitus“-Zauber wird verwendet, um Noten miteinander zu verbinden, die im Terzabstand stehen (Gerüstnote jeweils eine Terz höher oder tiefer):

Wende diese Zauberformel nun auf unsere Übungsvorlage, die C-Dur-Tonleiter an!

 

Da unsere Vorlage nicht aus Terzen besteht, sondern aus Sekundschritten, müssen wir sie leicht verändern, um den „Transitus“ üben zu können.

 

Hierzu nehmen wir den „Superjectio“-Zauber aufwärts und den „Subsumtio“-Zauber abwärts (jeweils Beispiel 1 aus der entsprechenden Lektion):

Die durch den „Transitus“-Zauber entstehende Note kann sowohl auf unbetonten Taktzeiten vorkommen…:

…als auch auf betonten (Hauptzählzeit):

Übung: Ergänze die fehlenden Töne!

Schlusswort

Jetzt hast du die wichtigsten Zauberformeln gelernt!

 

Natürlich endet der Weg als „Notenzauberer“ nicht hier, sondern fängt erst an!

 

Im Folgenden werden wir gemeinsam ein paar einfache Kinder- und Weihnachtslieder unter die Lupe nehmen und schauen, wie wir diese Melodien „entzaubern“ (Gerüst-Töne herausfinden) und neu „verzaubern“ können.

 

Wichtig ist hierfür, dass du alle Zauberformeln richtig gut beherrscht - übe sie so lange, bis du dich damit sicher fühlst.

 

Die Zauberformeln, die wir dir gezeigt haben, bieten natürlich viel mehr Möglichkeiten als wir dir in unseren kleinen Beispielen präsentieren konnten.

Du wirst im Laufe der Zeit, wenn du ein bisschen herumexperimentierst, noch viele Kombinationen und Erweiterungsmöglichkeiten finden.

Transposition

Eine sehr gute und wichtige Übung, die das Erlernen der Zauberformeln beschleunigen wird und dafür sorgt, dass du sie überall auf der Klaviatur anwenden kannst, ist, die Übungen auch in anderen Tonarten zu spielen (zu transponieren), z.B. in G-Dur, F-Dur, D-Dur usw...

 

Natürlich kann man alle Beispiele auch in Moll üben - da muss man allerdings mit den Vorzeichen ein bisschen aufpassen.

Rhythmus und Takt

Die Formeln lassen sich auch in anderen Taktarten anwenden, zB. mit schnelleren oder langsameren Noten oder im 3er Takt. Einige muss man hierzu etwas anpassen.

Vorschläge und Beispiele findest du in der Übersicht über die Zauberformeln (Katalog am Ende des Heftes).

 

Im Folgenden zeigen wir dir eine kleine Auswahl von Anwendungs- und Kombinationsmöglichkeiten der Zauberformeln (es gibt natürlich noch viel mehr…!). 
Spiele die einzelnen Varianten und versuche zu bestimmen, welche Zauberformeln angewendet wurden!

Gemischte melodische und rhythmische Zauberformeln (Veränderungen) am abwärtsgerichteten Tetrachord: