In Zusammenarbeit mit Panagiotis Linakis
Eine gesunde, funktionierende Technik, die flüssige Beherrschung grundlegender Spielbewegungen ist Voraussetzung für jegliches gelungene Instrumentalspiel.
Als Pianistin, Fortepianistin und Klavierpädagogin ist es mir wichtig, dass Übungen, die ich beim eigenen Üben und im Unterricht verwende effektiv und strukturiert sind, einen langen, stetigen Spielfluss ohne Unterbrechung generieren und somit konzentriertes Üben und Spielfreude ermöglichen.
Das Hören, Spüren und allgemein Wahrnehmen steht im Vordergrund; das bewusste Denken tritt zurück.
Die hier vorgestellten Übungen wurden von mir und Panagiotis Linakis entwickelt und trainieren Spielreflexe sowie gängige Griffmuster, die für das Literaturspiel und die Improvisation häufig benötigt werden.
Sie vermitteln Grundbausteine der Musik und generelle Übetechniken und schaffen so eine solide Basis für jegliche weitere Arbeit am Instrument.
Sie sollen eine genaue Anleitung bieten, aber gleichzeitig den eigenen kreativen Prozess beim Üben anregen.
Ihr pädagogischer Charakter ist holistisch gedacht, d.h. statt einzelner Aspekte sollen zugleich Gehör, theoretisches Verständnis und technische Reflexe trainieren werden; Verbesserungen in Wahrnehmung, Verständnis, Blattspiel, Literaturspiel und Improvisation sind die Folge.
Die technischen Übungen, die sie auf dieser website finden, sind grundlegende Übungen für die Aktivierung und Unabhängigkeit aller Finger sowie Übungen einzelner Intervalle zur Vorbereitung auf das zweistimmige Spiel in einer Hand.
Die Übungen greifen einzelne Parameter auf, die später in anderen Übungen (unter dem Menüpunkt "Improvisation/Alte Musik") und in der musikalischen Literatur in komplexeren Zusammenhang vorkommen und decken trotz ihres exemplarischen Charakters eine große Bandbreite an Übevarianten und technischen Aspekten ab.
Hierzu gehören: bestimmte Intervallgriffe, stumme Fingerwechsel, bestimmte Fingersatzkombinationen, Tonrepetition, Fesselübungen, Spreizen und Zusammenziehen der Hand, Fingerbalance und unterschiedliche Artikulation.
Der Schwierigkeitsgrad der Übungen ist progessiv und ihr Aufbau möglichst übersichtlich sowie einheitlich gehalten, wodurch ein leichtes, schnelles Verständnis der inhaltlichen Komponenten sowie der generellen Arbeits-Methode ermöglicht werden soll.
Die Übungen sind aus langjährigen Studien, Überlegungen und Unterrichtserfahrungen (von Musikschule bis Musikhochschule) heraus entstanden und nach folgenden Prinzipien konzipiert:
Erstens:
Simpler und logischer Aufbau. Dieser ermöglicht ein schnelles Verständnis und rasche Umsetzung des Lerninhaltes (auch für Anfänger geeignet).
Zweitens:
Repetitiver Charakter. Mentale Durchdringung, Verarbeitung und Verankerung von Lerninhalten und spieltechnischen Reflexen benötigt Zeit und basiert hauptsächlich auf Wiederholung.
Drittens:
Sukzessive Variation innerhalb der Repetition. Durch die sukzessive Variation wird ein breites Repertoire an häufigen spieltechnischen Formeln trainiert, die ein kreatives und abwechslungsreiches Üben ermöglichen.
Als Mittel zur Variation dient dem Grossteil der Übungen ein Katalog an rhythmischen und melodischen Variationsformeln, die sich als generelle Übe-Strategie durch die Methode ziehen und einen kreativen, vielschichtigen Umgang mit jeglichen musikalischen Bausteinen ermöglichen. Sie ermöglichen ein breites spieltechnisches und musikalisches Repertoire, das zugleich wesentlich für das Literaturspiel und die Improvisationspraxis ist.
Alle Übungen sollten mit unterschiedlicher Artikulation und Dynamik sowie in verschiedenen Tonarten geübt werden.
Nur so sind die betreffenden Spielreflexe später in der Literatur und beim Improvisieren direkt abrufbar!
Die einzelnen Übungsabschnitte können, wie notiert, direkt hintereinander gespielt werden oder abschnittsweise als „loop“ so lange wiederholt werden, bis mental-inhaltliche und technische Schwierigkeiten dieses Abschnittes bewältigt und „eingeschliffen“ wurden.
Es wird jedoch empfohlen, auch bei der eingehenden wiederholenden Übung einzelner Abschnitte einen nahtlosen Übergang ohne Unterbrechung des generellen Spielflusses zu gestalten. (Dies ermöglicht den Übergang in einen Flow-Zustand, der als äusserst lernfördernd gilt.)
Die Übungen sind alle sehr ausführlich und progressiv gestaltet.
Je nach Niveau, Erfahrung und Bedürfnissen kann man aber auch einzelne Abschnitte überspringen.
Ist das Prinzip einmal verstanden, kann man zum Beispiel die rhythmischen Varianten ohne den Notentext eigenständig trainieren.
Man kann viele Übungen zwei- oder einhändig ausführen (es ergibt sich natürlich ein unterschiedlicher Fingersatz und Lerneffekt).
(Sie mit einer Hand auszuführen bereitet gleichzeitig auf das Spielen und Improvisieren in der Mehrstimmigkeit vor!)
Beim Blattspiel und beim Improvisieren muss man in der Lage sein, spontan alle möglichen Griff- und Artikulationstechniken abrufen zu können.
Daher sollten in den Übungen unterschiedliche Fingersätze und Artikulationen trainiert werden.
Die Ausführung unterschiedlicher Artikulationen in zwei oder mehr Stimmen ist besonders auf historischen Tasteninstrumenten von enormer Bedeutung, um die Polyphonie klanglich durchsichtig gestalten zu können.
Bei der Durchführung jeglicher Übungen ist jederzeit auf eine generelle physiologische Körperhaltung, Handhaltung und Fingerhaltung zu achten.
Dazu gehören vor allem eine stabile, gewölbte Knöchelbrücke, entspannte Schultern, gelöste Ober- und Unterarme sowie freie Handgelenke.
Die Finger sollten rund sein, Mittel- und Endgelenke dürfen nicht einknicken. Spielbewegungen sollten stets ökonomisch sein - unnütze Bewegungen sollten vermieden werden.
Der haptische Kontakt von Fingerpolster zu Instrument sollte bewusst erspürt werden (insbesondere der Anschlagspunkt der Taste und Auslösepunkt des Hammers oder Plektrums).
Das aktive Wahrnehmen klanglicher Eigenschaften und Ereignisse fördert eine schöne Ausführung sowie tiefe akustische Verankerung des Gehörten im Gedächtnis und sollte dabei stets Genuss bereiten.
Es ist darauf zu achten, dass nicht jeder Ton "markiert" wird, sondern eine organische, zusammenhängende Spielbewegung entsteht.
Ziel ist es, die ursprüngliche harmonische Bewegung und Betonung des zugrundeliegenden Schemas/Ausgangsmodells wiederzugeben und somit eine holistische Wahrnehmung zu erzeugt, die singuläre Klangereignisse zu grösseren Einheiten zusammenfügt.
Obwohl die Übungen zunächst einfach erscheinen mögen, ist - gerade zu Beginn - auf eine langsame, genaue und bewusste Ausführung zu achten, damit sich der Inhalt im Detail einprägen kann.
Die Übungen sollten so lange durchgeführt werden bis sie ohne Schwierigkeiten automatisch in allen Tonarten bewältigt werden können.
Ein tägliches Training wird empfohlen, um ein Maximum an Wirkung zu erzeugen und die Technik auf einem hohen Niveau zu erhalten!